Vortrag (4.3.2024): Die Wasserversorgung von Wien – Von der Quelle zur BassenaVortrag

Liebe Freundinnen und Freunde der Geologie,

wir möchten zu unserem nächsten Zirkelabend am Montag, 4.3.2024, 19:00 Uhr in den Saal des TG-Heims (ohne Bewirtung) recht herzlich einladen.

Der Hydrogeologe und Freund von Inge und Norbert Mayer Mag. Dr. Markus Gmeindl aus Wien spricht über das Thema

Die Wasserversorgung von Wien – Von der Quelle zur Bassena

Im Zuge der Erstellung einer Machbarkeitsstudie für die die Erweiterung der im südlichen Wiener Becken gelegenen Brunnenfelder Wöllersdorf, Matzendorf und Moosbrunn, wurde unter anderem die Historie der Wiener Wasserversorgung seit der Babenberger Zeit bis zur Neuzeit näher betrachtet.

Die Entstehung der großflächigen Porenaquifere im südlichen Wiener Becken ist eng verbunden mit der gegen Norden bis NW gerichteten alpin-karpatischen Überschiebungstektonik, wodurch große Seitenverschiebungen mit gegen Osten gerichteten Ausgleichsbewegungen stattfanden. Im Verlauf des, ab dem Eggenburg bis Karpart (20,6 bis 16,4 Mio Jahre v. h.), ablaufenden Absenkprozesses wurden im Wiener Becken marine Sedimente abgelagert, die durch die tektonischen Prozesse verkippt und teilweise wieder erodiert wurden. Die marine Sedimentation des Badens (16,4 – 12,7 Mio Jahre v. h.) wird von Schichtfolgen des Sarmat (12,7 – 11,6 Mio Jahre v. h.) überlagert. Es erfolgten aus den Beckenrändern vermehrt fluviatile Schüttungen in den Beckenrandbereichen, welche zur Ablagerung von klastischen Sedimenten (Kiese und Sandlagen) und einer fortschreitenden brackischen Entwicklung des Wiener Beckenmeeres führten.  Die Sedimentation setzte sich im Pannon (11,6 – 7,1 Mio Jahre v. h) ohne Unterbrechung in einen sich entwickelnden Brackwassersee fort, wobei es im Oberpannon durch den erhöhten fluviatilen Eintrag aus den Beckenrändern zu einer vollkommenen Aussüßung des Wiener Beckens kam.  Durch die Anlage der N-S streichenden Störungszonen wurden synsedimentär mächtige Schotteraquifere gebildet, die heute die Hauptgrundwasserspeicher im südlichen Niederösterreich bilden.

Die mittelalterliche Wasserversorgung der Stadt Wien erfolgte zunächst primär durch Hausbrunnen. Ein großer Stadtbrand im Jahr 1525 führte zum Bau einer 1. Wasserleitung aus der Vorort- und Wienerwaldzone. Im 2. Drittel des 19. Jahrhunderts spitzte sich die Versorgungslage dramatisch zu. Dies veranlasste zunächst ab 1836 den Bau der Kaiser-Ferdinands-Wasserleitung, welche jedoch weder quantitativ noch qualitativ das Problem löste, sondern epidemiologisch sogar verschärfte. Schwere Cholera und Typhus -Epidemien suchten die Wiener Bevölkerung heim. In wasserarmen Zonen im Süden musste die Bevölkerung sogar teilweise mit von Wasserträgern verkauftem, abgestandenem Wasser vorliebnehmen.

Das Typhoid namentlich ist eine Probe über den Sanitätszustand einer Stadt, weil es einen mehr endemischen, als epidemischen Character an sich trägt.“ (k . k . Medicinalrat Dr. Raimund Melzer 1859, Leiter des Krankenhauses Wieden).

Dies veranlasste ab den frühen 1860er-Jahren die Stadtverantwortlichen, Überlegungen zu einer grundlegenden Neugestaltung der Wasserversorgung anzustellen. Ein Gemeinderatsbeschluss von 1864 ebnete den Weg zum Bau der I. Wiener Hochquellwasserleitung, die Quellwasser aus dem Rax-Schneeberg-Gebiet nach Wien führen sollte. Der Geologe Eduard Suess und der Gemeindepolitiker Cajetan Felder (1868 bis 1878 Bürgermeister) gelten als die visionären „Väter“ der I. Hochquellenleitung. 

Mit dem Spatenstich von Kaiser Franz Joseph I. begannen am 21. April 1870 die Bauarbeiten. Bereits 2,5 Jahre später durfte er die Wasserleitung am 24. Oktober 1873 am Hochstrahlbrunnen am Schwarzenbergplatz in Betrieb nehmen. Die Versorgung der Stadt mit hochwertigem Quellwasser aus dem Rax-Gebiet verbesserte schnell die hygienische Situation in der Stadt. Im Jahr 1873 nahm die I. Hochquellenleitung der Stadt Wien ihren Betrieb auf. Das Quellwasser wurde in den Hochbehältern am südlichen Stadtrand gefasst und über Rohrleitungen in die Stadt geführt, wo es in den Zinshäusern über sg. Bassenas[1] den Einwohnern zur Verfügung stand.


Nach der Eingemeindung der Vororte (1890/92) wurde der Bau der Zweiten Hochquellenleitung aus dem steirischen Hochschwabgebiet sowie 1898 der Wientalwasserleitung (als Nutzwasserleitung) beschlossen. Diese garantierte die nahezu vollständige Versorgung mit Hochquellenwasser.

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[1]Die Bassena war nicht nur die Wasserstelle des Hauses, sondern auch allgemeiner Treffpunkt wo Klatsch und Trasch ausgetauscht wurde. Der Tratsch konnte leicht zu Streit und Klagen wegen Ehrenbeleidigung führen. Die so genannten Bassena-Prozesse waren bei den Besuchern der Wiener Gerichte überaus beliebt.

Bild: Quelle Kaiserbrunnen im österreichischen Höllental (Quelle: Stadt Wien, WienGeschichteWiki)